Condor Super-Sport 422 von 1929

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Moderator: Argus

fabian
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Condor Super-Sport 422 von 1929

Beitrag von fabian »

Hallo Zusammen,

Ich habe eine Condor Super-Sport 422 mit Herstellungsjahr 1929 (Auslieferdatum ab Werk: 26. Dezember 1929). Die Maschine war offenbar im Militäreinsatz, ist jedenfalls entsprechend Grün überlackiert. Gerne würde ich herausfinden wie viele der Teile noch Original sind, bzw. wie diese Maschinen damals ausgeliefert wurden und was vom Militär allenfalls standardmässig verändert wurde.

Hat jemand irgendwelche Informationen, Bilder oder Mögliche Quellen welche ich anzapfen könnte?

Gruss

Fäbu

reeve
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Re: Condor Super-Sport 422 von 1929

Beitrag von reeve »

Hallo Fäbü

Handelt es sich um folgendes Motorrad?
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Gruss
Reeve

Karl
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Re: Condor Super-Sport 422 von 1929

Beitrag von Karl »

Hoi mitenand

Natürlich handelt es sich um diese Maschine ... ;-)
Meiner Meinung nach müsste bei dem Rahmen ein OHV Motor rein ?

Ich hoffe sehr das wenigstens die Original Lackierung die sich noch darunter befindet gerettet werden kann .

Gruess Karl

Walter Meury
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Re: Condor Super-Sport 422 von 1929

Beitrag von Walter Meury »

Super Originalzustand! Lediglich Rücklicht, Scheinwerfer und Tacho dürften später dazugekommen sein.
Mach mal ne Anfrage an Reto Burkhalter, (Rahmennummer) dann bekommst du präzisere Angaben dazu aus dem Condor Firmenarchiv.

Gruss

Walter

fabian
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Re: Condor Super-Sport 422 von 1929

Beitrag von fabian »

Hallo Zusammen,

Vielen Dank für eure Rückmeldungen, super sache!

Hier die Angaben aus dem Condor-Firmenverzeichnis:
1. Rahmennummer: 61605
2. Typ des Fahrzeuges: Super-Sport 422
3. Name vom Käufer: Ad. Leu
4. Wohnort vom Käufer: Biel (Borell)
5. Preis ab Werk: Fr. 2140.-
6. Auslieferdatum ab Werk: 26. Dezember 1929

Es handelt sich natürlich um die Maschine von Ricardo.ch

Es geht mir nicht darum den Originalzustand wieder herzustellen, viel mehr möchte ich die Geschichte des Motorrades erhalten denn Sie gefällt mir im grundsatz so wie sie ist. Es geht also eher in richtung "sanftes hübsch machen" und nicht um eine "Schönheits OP und botox" Radikalbehandlung. Sie soll "weiterleben" :-)

Im Moment versuche ich einfach mehr über die veränderungen über die Zeit herauszufinden, also die Geschichte aufzuarbeiten. Als Startpunkt wäre also der Auslieferzustand sehr interessant. Bei benvanhelden.nl habe ich dieses Bild gefunden, ist allerdings mit 1930 datiert und nur in Schwarz/Weiss. Ein farbiges Bild wäre hammer!
1930_Super Sport.jpg
1930_Super Sport.jpg (88.01 KiB) 3167 mal betrachtet

Reto Burkhalter
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Re: Condor Super-Sport 422 von 1929

Beitrag von Reto Burkhalter »

Hallo Fäbu und weitere Leser,
einen schönen Töff hast du dir da an Land gezogen, dazu noch zu einem sehr fairen Preis. Gratuliere.

Zuerst ein Kommentar zu Karl seinem Beitrag: Deiner Meinung nach müsste in dem Rahmen ein OHV Motor sein. Da liegst du ziemlich daneben. Es „könnte“ ein OHV drin sein, aber es „muss“ überhaupt nicht ein OHV drin sein. Optisch ziemlich identische Rahmen sind damals mit wechselgesteuerten 500ccm (1 und 2 Zylinder) Motoren ausgeliefert worden als Typ „Super-Sport 422“. Grössere wechselgeteuerte Motoren mit 750ccm und sogar 1000ccm sind ebenfalls ab Werk in sehr ähnliche Rahmen verbaut worden. Rahmen für stärkere Motoren unterschieden sich vor allem bei den Seitenwagenanschlusspunkten und bei weiteren, unauffälligen Details. Und ja, Karl, wenn er als „Grand-Sport“ verkauft worden ist, dann war ein OHV drin, von 250ccm bis 500ccm waren alle damaligen Motosacoche OHV 1-Zylinder bestellbar, mit Ausnahme von Rennmotoren.
Condor hat da den Baukasten verwendet wie heute bei den Autos. In der gleichen Karosserie von einem VW Golf kannst du heute Benzin, Diesel, Allrad, 4-Zylinder, 6-Zylinder und was weiss ich nicht was noch alles kaufen. Aber nicht alle Gölfe sind GTI, es gibt auch langweilige Versionen mit 75PS. Genau gleich hier bei Condor, es wurde fast alles in diesen Rahmen eingebaut was Motosacoche liefern konnte.
Dieser hier ist als „422 Super-Sport“ ausgeliefert worden, also ganz eindeutig wechselgesteuert, 500ccm, Satteltank.

Der Motor ist gemäss der Seriennummer von 1928, der Rahmen von 1929. Das passt perfekt zusammen. Wenn ich die Nummern von den häufigeren „Populaire 322“ vergleiche, könnte es sehr gut sein, dass der jetzt vorhandene Motor noch immer der erste Originalmotor ist. Es wäre schade, wenn du ihn jetzt einfach durch einen OHV ersetzen würdest, nur weil es möglich ist. Auch ein 1C9K6 bereitet viel Fahrspass.

Fäbu, wie du ja dem Töff ansehen kannst, hat er im zweiten Weltkrieg Militärdienst geleistet. Dies könnte der Grund sein, für ein paar Modifikationen. Walter hat bereits die Beleuchtung angesprochen. Der Töff mit Jahrgang 1929 könnte theoretisch ganz ohne Beleuchtung ausgeliefert worden sein, vielleicht sogar mit Karbid. Erst 1932 wurde es Vorschrift, dass Hersteller eine elektrische Beleuchtung anbauen mussten. Dieser Töff war jedoch 1929 ein sehr teures Exemplar von allen ausgelieferten Typ „422 Super-Sport“. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass er Aufpreis pflichtiges Zubehör gehabt hat. Condor hat leider in seinen Werksunterlagen keine Hinweise auf Zubehör aufgeschrieben. Wenn jemand bei einem Condor 4-Takter eine Beleuchtung bestellt hat, konnte er zwischen Bosch und Phoebus auswählen, nicht aber Hella. Deine Hella Lampe ist entweder viel später drauf gekommen (im Militärdienst nach Lampendefekt ? ), oder der Töff wurde ohne Licht ausgeliefert und der Händler hatte Hella als Zubehör im Angebot (Frage an alle: Gab es 1929 schon Hella Lampen zu kaufen ?).
Das Rücklicht mit Bremslicht ist ebenfalls deutlich jünger. Falls es auch ein Hella ist, dann hat es Condor erstmals 1938 im Modell „523 Super-Lux“ verwendet. Aber vielleicht war es im markenunabhängigen Zubehör schon lange vorher zu kaufen. Sollte es ein Bosch Rücklicht sein, dann ist es in den damaligen Prospekten nie aufgeführt also ganz sicher jünger als der Töff oder vom Händler aus dem freien Zubehör genommen und angebaut. Am wahrscheinlichsten ist jedoch, dass das Militär dafür verantwortlich ist.

Der Töff hat den grossen, Aufpreis pflichtigen 14 Liter Tank. Diesen Tank hat Condor 1929 nur gerade im Modell „532 Special-Sport“ angeboten. Erst ab 1930 war der Tank auch für andere Modelle erhältlich. Da deiner ganz spät 1929 ausgeliefert worden ist, könnte durchaus so ein Aufpreistank ab Werk drauf gewesen sein. Man erkennt diesen Tank daran, dass oben eine Uhr und ein Tacho eingebaut sind. (Es gab auch einen grossen Tank nur mit Tacho ohne Uhr). Jetzt ist am Lenker ein Zubehörtacho angebaut. Scheinbar war der originale „Alpha LeLocle“ Tacho im Tank irgendwann kaputt, und man hat ihn nicht mehr als Ersatzteil gefunden. Somit wieder ein Zubehörteil an den Lenker geschraubt, etwas was (das Militär ?) man halt grad gefunden hat. Ein typischer Condortacho ist es nicht, ich kann ihn nicht als „Alpha“ identifizieren. Der originale Tacho dürfte vermutlich noch vorhanden sein, wenn man von unten auf den Tank schaut, dann erkennt man, dass im Tank noch immer ein Tacho eingebaut ist. Es ist halt keine Antriebssaite angeschlossen. Alpha Tachos kann man meistens reparieren.

Die Beinschilder waren damals als freies Zubehör beim Töffhändler erhältlich. Ich könnte mich nicht erinnern, dies in einem Condorprospekt gesehen zu haben, aber grundsätzlich waren solche Sachen an jedem Töff montierbar, wenn man irgendwelche Adapter zur Montage am Rahmen hatte. Es fahren heute noch ein paar Motosacoche und anderer Töffs herum, die solche oder ähnliche Beinschilder haben. Da vor allem das Militär mit den Töffs ganzjährig unterwegs war, könnten die Beinschilder beim Kriegsdienst montiert worden sein, aber auch der zivile Vorkriegsbesitzer könnte sie nachgerüstet haben.

Oben am Motor ist zu erkennen, dass man das Ventilspiel vom Einlassventil über einen Exzenter einstellen kann. Diese Eigenschaft hatten nur die Motortypen 1C9K10 und 1C9K11. Deines ist jedoch ein älterer 1C9K6. Das bedeutet, dass zumindest die Ansaugglocke gegen ein jüngeres 1C9K10 Exemplar gewechselt worden ist. Vielleicht wurde nach einem Motorschaden auch gleich der 1C9K10 Zylinder genommen. Zylinder von 1C9K10 und 1C9K6 dürften identisch sein. Falls unten links am Zylinderfuss eine Nummer eingeschlagen ist, kann man herausfinden, ob der Zylinder stimmig ist.

Du hat bei dir das Getriebe welches 1930 als Neuheit vorgestellt worden ist. In deinem 500ccm „Super-Sport“ müsste die kleinere Version davon eingebaut sein, also der Getriebetyp „O.30“. Da dein Töff genau am zweiten Weihnachtstag ausgeliefert worden ist (bei Condor damals ein normaler Arbeitstag), kann es sehr gut sein, dass er schon mit dem neuen 1930er Getriebe ausgeliefert worden ist. Beweisen oder widerlegen kann ich es nicht.

Die Satteldecke sieht irgendwie seltsam aus. Entweder schlecht neu überzogen worden, oder vielleicht ein Überzug über dem alten Sitzleder drüber? Eine Demontage oder genaue Inspektion wird es aufzeigen.

Vorne auf dem Schutzblech sind zwei kleine Wappen zu erkennen. Diese Wappen kenne ich vor allem von Fahrrädern, weniger von Töffs. Eines ist immer das schweizer Wappen, das Andere ein Kantonswappen. Hier ist es ein Basler Wappen. Der Töff ist an einen Herrn (oder Frau ?) Ad. Leu in Biel-Borell ausgeliefert worden. Wäre mit Biel die Stadt am Bielersee gemeint, hat Condor fast immer die französische Variante genommen, also Bienne. Jetzt mit dem Basler Wappen könnte auch Biel-Benken als Wohnort vom ersten Käufer gemeint sein. Die Werksunterlagen sind immer handschriftlich geschrieben. Das was ich mal als „Borell“ angegeben habe, sieht eigentlich nicht nach „Benken“ aus. Aber es könnte „Basell“ heissen, ja mit doppel LL. Biel-Basell??? Dann würde das Baselwappen Sinn machen. Aber erstaunlich finde ich, dass dieses Wappen den Krieg überstanden hat. Oder ob es vielleicht erst nach dem Krieg drauf kam, als es jemand an einem Fahrrad abgeschraubt hat?

Vergaser und Zülima? Sehen gut aus, aber ohne die Bezeichnungen zu kennen, weiss ich nicht, ob sie passend sind. Schick mir ein Mail, vielleicht weiss ich dann dazu auch noch etwas.
Reto.burkhalter@man.eu

Du suchst noch ein farbiges Originalbild von dem Töff. Im 1929er Prospekt ist etwas drin, was Farbe hat. Aber wirklich die Lackierung erkennen kann man da auch nicht. Es sind halt damals noch Zeichnungen in den Prospekten abgebildet worden, und nicht Farbfotos. Zudem sind die Bilder teilweise viele Jahre lang verwendet worden, selbst wenn der Töff inzwischen schon ganz anders ausgeschaut hat. Aber dieses Bild hier, ohne Beleuchtung, dürfte den 1929er Zustand ziemlich gut zeigen.

Ergänzungen und Korrekturen sind gerne willkommen. Ich lerne auch gerne noch etwas dazu.
Gruss Reto Burkhalter
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RuediKehl
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Re: Condor Super-Sport 422 von 1929

Beitrag von RuediKehl »

 
@Reto
Echt interessanter und ausführlicher Beitrag. Chapeau!

Ruedi

Karl
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Re: Condor Super-Sport 422 von 1929

Beitrag von Karl »

Das ist ja hochinteressant !!!
Gerade das die IOE Motoren auch in diese Rahmen verbaut wurden .

DANKE RETO

fabian
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Re: Condor Super-Sport 422 von 1929

Beitrag von fabian »

Hallo Reto,

Vielen Herzlichen Dank für dein Ausführliches Feedback, das ist der Wahnsinn!

Schicke dir eine Email...

Gruss

Fäbu

fabian
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Re: Condor Super-Sport 422 von 1929

Beitrag von fabian »

Kennt sich jemand mit Plomben aus? Könnte die noch aus dem Militäreinsatz stammen?
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Re: Condor Super-Sport 422 von 1929

Beitrag von 105.694 »

Hoi Fabian,

meine Motosacoche hat auch noch eine Plombe dran. Auf der anderen Seite der Plombe ist die Zahl des Zollkreises ersichtlich.

Militäreinsatz wohl kaum - ausser sie hat im Ausland Militärdienst geleistet.


Dieses Bild stammt von einer AK, die ich vor Jahren irgendwo in ZH erworben habe.

Lieber Gruss

Luis
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Fritz
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Re: Condor Super-Sport 422 von 1929

Beitrag von Fritz »

Hallo Fabian

Hast du noch ein schönes Foto dazu?

Lg Paul

fabian
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Re: Condor Super-Sport 422 von 1929

Beitrag von fabian »

105.694 hat geschrieben:Hoi Fabian,
meine Motosacoche hat auch noch eine Plombe dran. Auf der anderen Seite der Plombe ist die Zahl des Zollkreises ersichtlich.
Militäreinsatz wohl kaum - ausser sie hat im Ausland Militärdienst geleistet.
Dieses Bild stammt von einer AK, die ich vor Jahren irgendwo in ZH erworben habe.
Lieber Gruss
Luis
Hallo Louis,

Vielen Dank für dein Feedback, dann werd ich mal noch die Rückseite der Plombe genauer untersuchen. Du schreibst "Militäreinsatz wohl kaum", wäre toll wenn du uns einige Gründe oder Fakten aufzeigen könntest warum das so ist.

Gruss
Fäbu

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Re: Condor Super-Sport 422 von 1929

Beitrag von 105.694 »

Hoi Fabian,

ganz einfach: Die Plombe wurde angebracht, wenn du mit dem Töff über die Grenze fuhrst, damit der Zöllner bei der Rückfahrt wusste, dass das Motorrad nicht verzollt werden musste.Deshalb passen Militäreinsatz und Plombe meines Erachtens nicht zueinander. Warum sollte ein Schweizer Soldat damit über die Grenze? Spionage ;-)

Das ist aber nur meine Ansicht.

Luis

fabian
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Re: Condor Super-Sport 422 von 1929

Beitrag von fabian »

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